NABU-Hessen rät: Finger weg von künstlicher Gartenbeleuchtung
Lichtverschmutzung / Garten
Im Dunkeln ist stets gut munkeln
NABU-Hessen rät: Finger weg von künstlicher Gartenbeleuchtung
Wetzlar – Mit der Umstellung der Uhren auf die Winterzeit am Wochenende werden die
dunklen Abende wieder länger. Immer früher erhellt dann das künstliches Licht der
Straßenbeleuchtung den Nachthimmel. Aber nicht nur Straßen werden beleuchtet: Immer
häufiger sieht man auf Privatgrundstücken Solarlichter, Lampions und weihnachtlichen
Lichterketten flackern. „Was uns so romantisch erscheint, hat leider ernsthafte Folgen für
uns, unsere Nachbarn sowie die Tiere und Pflanzen im Garten. Denn Menschen, Pflanzen
und Tiere sind einem Tag-Nacht-Rhythmus unterworfen und der kann durch zu viel
Beleuchtung empfindlich gestört werden“, erklärt der NABU-Landesversitzende Maik
Sommerhage. Eine erholsame dunkle Nacht ist wichtig für die Gesundheit. Mehr und mehr
Menschen spüren die Auswirkungen von künstlich aufgehellten Nächten deutlich und
reagieren mit unruhigem Schlaf und Übergewicht bis hin zu Depressionen und Herz-
Kreislauf-Erkrankungen. Wir Menschen können zur Not nachts einfach den Rollladen zu
machen. Tiere und Pflanzen reagieren hingegen wesentlich empfindlicher auf das
übermäßige Licht und sind ihm schutzlos ausgeliefert. Der NABU Hessen appelliert daher,
Gärten, Hauswände und Balkone im Winter so wenig wie möglich künstlich zu beleuchten.
Städte und Gemeinden sollten zudem auf das Anstrahlen von Kirchen, Schlössern und
Burgen zu verzichten. „Der letzte Winter hat gezeigt, dass wir problemlos mit wesentlich
weniger Licht im Außenbereich auskommen können. Weniger Licht heißt auch weniger
Energieverbrauch und mehr Klimaschutz“, so Sommerhage.
Licht – nicht nur Verschmutzung, sondern echte Gefahr
Licht ist für viele Lebewesen ein wichtiges Steuerungselement in ihren Lebenszyklen.
Veränderungen in der Helligkeit der natürlichen nächtlichen Lichtquellen wie Mond und
Sterne haben Einfluss darauf, wann Tiere sich fortpflanzen, wann sie in Ruhephasen gehen
und wie ihre innere Uhr gestellt ist. Mit dem künstlichen Licht – und sei es auch noch so
schwach – beeinflusst der Mensch die lebendige Welt um uns herum. „Wir müssen uns
bewusst machen, dass unsere Gärten nicht nur von uns bewohnt werden. Die meisten
tierischen Bewohner sind dämmerungs- oder nachtaktiv und damit äußerst lichtempfindlich“,
erklärt Sommerhage. Das gilt nicht „nur“ für die Milliarden von Mücken, Fliegen, Käfern und
Nachfaltern, die von Lampen angezogen werden und hoffnungslos um die Lichtquellen
kreisen, bis sie vor Erschöpfung sterben. Es gibt auch einen stillen, heimlichen Tod durch
Licht. Er reicht von Igeln, die zur Vermeidung von Gartenbeleuchtungen weite Umwege
laufen und so viel Energie verlieren, über Regenwürmer und Glühwürmchen, die für ihre
Fortpflanzung möglichst dunkle Nächte brauchen und inzwischen nur noch schlecht zur
Paarung kommen, bis hin zu den Larven des Nachtfalters Gitterspanner, die schon aufgrund
der Helligkeit der Wolkendecke über Siedlungen das Signal zur Verpuppung verpassen.
„Viele Bodenlebewesen und Mikroorganismen, die wichtig für die Gesundheit und
Fruchtbarkeit unsere Böden sind, werden erheblich durch das Licht unserer bodennahen
Gartenleuchten gestört. Die Auswirkungen auf diese Tiere mögen im ersten Augenblick nicht
so auffällig sein, wie die toten Insekten an der Lampe, aber auch hier verschwinden durch
das abgestrahlte Licht zahllose Tiere und mit ihnen ihre wichtigen Leistungen für ihr
Ökosystem“, mahnt Sommerhage.
Selbst tagaktive Tiere wie Singvögel und Eichhörnchen sind von Kunstlicht betroffen. In den
Gärten finden die Tiere Futter, Schutz, Sozialpartner und ziehen ihre Jungen auf. Künstliches
Licht verändert ihre Welt enorm, so dass sie sich plötzlich nicht mehr orientieren können,
nicht ausreichend schlafen, kein Futter finden, sich nicht fortpflanzen oder gar sterben.
Künstliche Lichtquellen tragen damit zum allgemeinen Artenschwund bei.
Wege zu mehr Dunkelheit
Die gute Nachricht: Lichtverschmutzung lässt sich beseitigen. Einmal auf den Schalter
drücken, und schon ist es wieder natürlich dunkel. „Ob vor der Garage, auf dem Balkon oder
im Garten, jede*r kann selbst für mehr Dunkelheit im Siedlungsbereich sorgen.
Hausnummern beispielsweise sollten nicht grell beleuchtet und Bewegungsmelder richtig
eingestellt sein“, erklärt die NABU-Fachexpertin Sabine Frank. Ideal ist es, wenn
Beleuchtung gar nicht erst installiert und durch andere Mittel ersetzt werden kann, etwa
durch Reflektoren. „Wichtig dabei zu wissen: Eine gesetzliche Verpflichtung zur Beleuchtung
besteht nicht. Durch die neue gesetzliche Regelung ist sogar explizit vorgeschrieben auf
unnötige Beleuchtung zu verzichten“, so Frank. Welchen Sinn hat es auch einen Garten aus
Sicherheitsgründen zu beleuchten, in dem nachts eigentlich nie ein Mensch unterwegs ist?
In den meisten Fällen reicht die nächste Straßenlaterne und evtl. noch eine moderate
Beleuchtung an der Haustür schon aus, um Hof- und Eingangsbereich auszuleuchten.
Seit der Marktdurchdringung der LED, greifen die Menschen beim breit gefächerten Angebot
von Gartenbeleuchtungen jedoch ohne schlechtes Gewissen zu, da nicht mehr so viel Strom
verbraucht wird. Dass viele der Produkte aber billig in Fernost produziert und nur auf eine
kurze Lebensdauer ausgelegt sind und obendrein problematische Inhaltsstoffe enthalten, ist
vielen Nutzer*innen gar nicht bewusst. Vermeintlich umweltfreundlich, für viele Tiere aber
problematisch, sind auch die inzwischen sehr beliebten solarbetriebenen Dekoleuchten für
den Balkon oder Garten. Weil sie in alle Richtungen strahlen, locken sie Insekten besonders
stark an und stören andere nachtaktive Tiere. Bei Solar- und Kugelleuchten im Garten
kommen bis zu 30 Lux am Boden an. Zum Vergleich: Die Lichtintensität einer Vollmondnacht
liegt bei 0,1 bis 0,3 Lux. „Zudem leuchten die Solarlampen meist unkontrolliert viele Stunden
lang, bis der Akku leer ist, und erhellen so die Nacht. Während die Bewohner*innen längst
mit herab gelassenen Rollos in tiefem Schlummer liegen“, erläutert Frank. Effektvoll, aber
ganz und gar nicht ökologisch sind auch angestrahlte Bäume oder Hausfassaden, die
gigantische reflektierende Flächen schaffen.
Licht intelligent und sparsam einsetzen – so geht‘s
Es lohnt sich eine konsequente Lichtplanung zu erstellen und zu hinterfragen, ob sich nicht
ein Großteil der Beleuchtung tierfreundlicher gestalten oder gar ersatzlos streichen lässt.
Denn aus Sicherheitsgründen ist wesentlich weniger Beleuchtung nötig als die meisten
vermuten würden. Eine gute Lichtplanung kann Energieverbrauch, CO2-Ausstoß,
Betriebskosten und Beeinträchtigungen der natürlichen Umgebung massiv reduzieren. Dabei
sollte man folgende Punkte beachten:
Lichtplanung: Ist die geplante Lampe unbedingt nötig, dient sie der Sicherheit, oder
handelt es sich lediglich um Dekoration? Für Begehungen im Garten reicht auch
eine Taschenlampe bzw. das aus Fenster fallende Licht oder das der
Straßenlaterne. Im naturnahen Garten ist Kunstlicht tabu.
Lichtstärke: Die Lichtstärke der Situation anpassen; für gute Sicht ist gleichmäßige
Ausleuchtung wichtiger als große Helligkeit. Die „Lichtstrommenge“ ist auf der
Verpackung angegeben. Oft reichen 100 Lumen (1 bis 2 Watt). Faustregel:
maximal 300 Lumen (3 – 5 Watt), was der Lichtmenge einer 25-Watt Glühbirne
entspricht. Das spart auch Stromkosten.
Lichtkegel: Licht soll nur auf die Nutzfläche fallen – also dahin, wo es tatsächlich
gebraucht wird. Es darf nicht einfach in die Gegend oder gen Himmel strahlen.
Gute Lampen senden ihr Licht ohne Streuverlust nach unten. Kugelleuchten, die
in alle Richtungen strahlen, blenden und sind deshalb ungeeignet.
Insektenschutz: Je geringer der blauviolette Anteil des Lichts, desto weniger Insekten
werden angelockt. Das Licht sollte bernsteinfarben bis warmweiß sein, mit einer
Farbtemperatur von max. 2.700 Kelvin (steht auf der Verpackung). Je höher die
Kelvinzahl, desto höher der unerwünschte Blauanteil. Lampen mit
geschlossenem Korpus verhindern, dass Insekten eindringen und verbrennen.
Leuchtdauer: Achten Sie auf eine intelligente Schaltung! Am Haus und im Garten ist
Dauerlicht überflüssig. Ein gut eingestellter Bewegungsmelder schaltet nur dann
ein, wenn Licht aktiv eingefordert wird, z.B. durch Handbewegung. Oder Sie
schalten Ihre Außenbeleuchtung spätabends einfach ganz aus.